Was passiert, wenn mitten in Köln plötzlich ein Stück Antike auftaucht? Manchmal genügt ein Bagger, ein Baugruben-Aushub oder der Versuch, einen Luftschutzbunker zu errichten – und die Vergangenheit meldet sich spektakulär zurück. Immer wieder wurden in Köln durch Zufälle römische Fundstücke freigelegt, die zeigen, wie groß und bedeutend die römische Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium war.
Hier sind sieben Momente, in denen Köln überraschend in die Römerzeit zurückstolperte – und was davon heute noch zu sehen ist. (Foto: IMAGO / SuperStock)
1. Ein Luftschutzbunker bringt ein Götterfest ans Licht – das Dionysos-Mosaik
1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, wurde an der Südseite des Doms ein Luftschutzbunker gebaut. Beim Aushub stießen Arbeiter auf ein riesiges Bodenmosaik – über 70 Quadratmeter groß. Es zeigt den Weingott Dionysos inmitten einer Festszene.
Entstanden ist es etwa um 220/230 n. Chr. in einem prächtigen römischen Stadthaus. Heute bildet das Mosaik den Kern des Römisch-Germanischen Museums und war bis zur Sanierung von außen durch die Glasfront sichtbar.

2. Unter dem Roncalliplatz liegt noch die römische Kanalisation – inklusive Hafenstraße
Ende der 1960er Jahre legten Archäologen beim Bau in der Nähe des Roncalliplatzes eine basaltgepflasterte römische Straße frei – vermutlich führte sie zum damaligen Hafen am Rhein. Direkt daneben: ein massiver Abwasserkanal, der zeigt, wie weit entwickelt die römische Stadttechnik war. Der Fund wurde erhalten und ist heute als Bodendenkmal zwischen Dom und Museum frei zugänglich.
3. Beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn taucht ein Hafentor aus dem 1. Jahrhundert auf
Als ab 2003 am Kurt-Hackenberg-Platz die Tunnel für die neue Stadtbahn gegraben wurden, entdeckte man die Reste eines antiken Torbaus – vermutlich das Hafentor der römischen Stadtmauer. Meterdicke Mauern, antikes Mauerwerk und Fundamentstrukturen kamen zum Vorschein.
Der Fund sorgte für Aufsehen, weil er mitten im Herzen Kölns verborgen gelegen hatte – direkt unter einer viel frequentierten Verkehrsfläche.
4. In der Baugrube liegt ein römisches Rheinschiff
2007 stießen Arbeiter im Bereich des ehemaligen römischen Hafens auf Holzreste, die zunächst unscheinbar wirkten. Dann stellte sich heraus: Es handelte sich um ein römisches Transportschiff, vermutlich aus dem 1. Jahrhundert. Die Holzbalken aus dem Bergischen waren außergewöhnlich gut erhalten. Das Schiff musste in Segmenten geborgen werden – die Entdeckung gilt bis heute als einer der bedeutendsten Wasserfunde Kölns.
Das Schiffswrack wurde bei Ausgrabungen im Bereich des römischen Hafens der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) entdeckt, genauer in der Altstadt-Nord im Umfeld des heutigen „Alter Markt“.
Aus dem Verliebt in Köln-Shop:5. Ein Neubau legt einen vergessenen Römerturm frei – das Ubiermonument
1965 sollte an der Ecke Mühlenbach / An der Malzmühle ein neues Gebäude entstehen. Beim Aushub stieß man auf ein riesiges Fundament aus Sandsteinquadern. Es entpuppte sich als Turmstruktur aus der Frühzeit Kölns – wahrscheinlich um 4/5 n. Chr. gebaut, als die Ubier-Siedlung zur römischen Kolonie aufstieg.
Heute ist das „Ubiermonument“ im Keller des Gebäudes zugänglich und gilt als ältester Steinbau Kölns.
6. Unter dem Rathaus liegt ein Statthalterpalast – das Praetorium
Bereits in den 1950er Jahren kam beim Wiederaufbau nahe dem Rathaus ein gewaltiger Gebäudekomplex ans Licht: das Praetorium, Sitz des römischen Statthalters in Niedergermanien. Der Ort war politisches Zentrum der Provinz. Heute ist er als Teil des archäologischen Rundgangs begehbar und wurde in das UNESCO-Welterbe „Niedergermanischer Limes“ aufgenommen.
7. Ein Legionärsgrab im Hinterhof – das monumentale Grabmal des Lucius Poblicius
In den 1960er Jahren entdeckten Kölner Brüder beim Umbau eines Hauses am Chlodwigplatz tonnenschwere, verzierte Steinblöcke. Daraus rekonstruierte man ein monumentales Grabmal, etwa um 40 n. Chr. errichtet – für den Legionär Lucius Poblicius. Heute ist es eines der eindrucksvollsten Exponate des Römisch-Germanischen Museums.
8. Nach Kiesgruben-Aushub öffnet sich eine römische Grabwelt – das Römergrab in Weiden
1843 wollten Arbeiter an der Aachener Straße lediglich Kies abbauen – und stießen dabei unerwartet auf einen gemauerten Zugangsschacht. Dahinter lag eine vollständig erhaltene unterirdische Grabkammer aus dem 2. oder 3. Jahrhundert, mit steinernen Klinen, einer Sarkophagstruktur und Wandmalereien.
Die Anlage gehört bis heute zu den besterhaltenen römischen Grabbauten nördlich der Alpen und kann in Köln-Weiden besichtigt werden.
Noch lange nicht alles entdeckt
Diese sieben Funde zeigen: Köln liegt nicht nur auf römischem Boden – es lebt über einer römischen Stadt, die noch immer nicht vollständig freigelegt ist. Wer heute durch die Innenstadt läuft, ahnt oft nicht, was sich nur wenige Meter unter dem Pflaster verbirgt.
Und vielleicht bringt der nächste Baukran schon den nächsten Schatz ans Tageslicht.
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