Es sind Bilder, die irritierend sind. Die man so eigentlich kaum in Deutschland sieht. Und die man erst recht nicht in Nordrhein Westfalen direkt vor den Toren Kölns vermuten würde. Im Speckgürtel von Köln, dort, wo die Preise für Häuser und Grundstücke steigen, liegt ein verlassener Ort: Manheim alt.
Eine Geister-Siedlung, in der fast keine Menschen mehr wohnen. Etwa ein Dutzend Häuser stehen noch hier, sind zugenagelt oder Ruinen. Die übrigen Häuser sind abgerissen. Grund dafür ist der Braunkohletagebau Hambach. Laut Plänen soll Manheim-alt noch abgebaggert werden und dann für immer verschwinden.
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Kartbahn bei Manheim alt: Zuhause von Michael Schumacher
Die Straßen zum Ort sind nach wie vor frei zugänglich. Wer im November 2022 durch den Ort fährt, sieht die Überreste eines Kölner Vorortes. Ursprünglich lebten 1700 Menschen in Manheim-alt. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 898. Es ist auch die Heimat von Formel 1-Legende Michael Schumacher. Seine Ehefrau Corinna heiratete er Gemeindehaus und lebte in den 90er-Jahren hier in einem Haus, das ebenfalls abgerissen ist. Auf der Kartstrecke in Kerpen-Manheim lernte er das Fahren.
In der alten Ortschaft waren Ende 2020 noch 39 Menschen registriert, im Herbst 2021 waren es noch rund 30, aktuell noch 17. Nicht jeder hat es geschafft, seine Heimat ohne weiteres zu verlassen. Tatsächlich stehen vor einigen wenigen Häusern noch Autos. Gardinen hängen in den Fenstern, Licht brennt im Eingang.
Seit 2012 Jahren läuft ein Programm, um den Bewohnern von Manheim eine neue Heimat zu geben. Rund zehn Kilometer weiter ist ein neuer Ort entstanden: Mahnheim-neu. Rund 70 Prozent der Menschen sind in den neuen Ort gezogen. Es gibt viele Einfamilienhäuser, der Ort ist komplett neu entstanden.
In Alt-Manheim sind viele Häuser bereits abgerissen. Andere stehen leer und bilden eine Geister-Kulisse. Ein Blick in die Vergangenheit, in eine Zeit, die hier stehengeblieben ist. Die alte Gastwirtschaft mit der Dom-Kölsch Reklame und auch die alte Kirche aus dem Jahr 1898 waren bis vor kurzem noch da. Die Häuser, die noch stehen, sind unten zugenagelt und von einem Bauzaun umgeben.
Viele Details sind nach wie vor vorhanden: Die TV-Antenne auf dem Dach, die halb heruntergezogenen Rolladen, die Fahnenstange in der Hauswand.
Die alte Kirche in Manheim
Die Kirche St. Albanus und Leonhardus des Ortes wurde 1898 erbaut. Die Glocken sowie diverse Gegenstände aus dem Innern der Kirche wurden in die neue Kirche in Neu-Manheim integriert. 2019 fand hier der letzte Gottesdienst statt, die Kirche wurde dann entweiht. Im Herbst 2021 wurde das neue Gotteshaus im neuen Ort mit den Gegenständen aus der alten Kirche durch Kardinal Woelki eingeweiht.
Wie es mit der Kirche weitergeht ist aktuell unklar. Es gibt Stimmen, die die Kirche erhalten wollen. Sie schlagen vor, das ehemalige Gotteshaus künftig als Ort für Ausstellungen oder weitere Veranstaltungen zu nutzen, die sich mit der Geschichte der Dörfer rund um den Tagesbau befassen. Sie würde dann direkt am Tagebau liegen. Andere Stimmen aus der Bürgerschaft sprechen sich gegen einen Erhalt und für einen Abriss aus.
Die Zufahrt zur Kirche ist mit großen Legosteinen aus Beton blockiert. Die Fenster sind zugenagelt, die Uhr im Kurchturm stehengeblieben.

Verlassene Straßen in Manheim alt
Die folgenden Bilder zeigen, wie es im November 2022 im Ort aussah. Damals waren bei vielen Häusern bereits die Rolladen heruntergelassen oder die Fenster sind mit Holzbrettern vernagelt. Grundstücke, wie etwa das der Kirche, sind umzäunt.

Nur bei ganz wenigen Häusern sind die Fensterläden noch offen. Die verwaisten Straßenzüge mit unbewohnten Häusern sahen unwirklich aus.

Alte Gastwirtschaft in Manheim
In dieser ehemaligen Gastwirtschaft war 2020 außen noch die König-Pilsener Reklame und Dom Kölsch angebracht. Die Rolladen waren heruntergelassen, die Türen vernagelt.

In den Parkbuchten oder Garagen standen längst keine Autos mehr. Die Tore und Fenster der Backsteinhäuser waren verrammelt.

Wie geht es mit dem Ort weiter?
Die Pläne sehen vor, dass Manheim alt noch abgebaggert werden soll. Die Kohle unter dem Ort soll jedoch nicht mehr gefördert werden. Das Erdreich des so genannten Manheimer Lochs wird jedoch benötigt, um das Ufer des Tagebaus an anderer Stelle zu befestigen und sicher zu machen. Um das Abbaggern des alten Ortes und der Umgebung gibt es nach wie vor heftige Diskussionen. In einer Animation von RWE zur Nutzung des Tagesbaus Hambach ist dort, wo nun Manheim-alt liegt, die Manheimer Bucht eingezeichnet. Dann würde Manheim-alt künftig im Wasser liegen. Verschiedenen Initiativen setzen sich dagegen ein.
Fest steht aber: Der Ort Manheim wie es ihn einmal gab, wird nicht mehr zurückkommen. Dieses Luftbild zeigt, wie der Ort noch 2015 aussah:

Geisterautobahn A4 von Köln nach Aachen
In unmittelbarer Nähe zu Manheim Richtung Tagebau liegt der ehemalige Autobahnabschnitt der A4 (Fotos). Hier lest ihr mehr über die Geisterautobahn vor den Toren Köln

Habt ihr Ergänzungen, Fotos oder Erinnerungen an Manheim? Schreibt uns eine E-Mail.
12 Kommentare
Mattis
Dein Kommentar wird in kürze freigeschalten. Dies ist eine Vorschau; dein Kommentar wird sichtbar, sobald er freigegeben wurde.@Bundesregierung bevor Ihr Altenheime ausräumt, da eine ganze Stadt für eure Flüchtlingsunterkünfte
Norbert Schmitt
Dein Kommentar wird in kürze freigeschalten. Dies ist eine Vorschau; dein Kommentar wird sichtbar, sobald er freigegeben wurde.Warum wird dieser Ort überhaupt platt gemacht??? Hier soll kein gramm Kohle aus der Erde gefördert werden. Meine Frage ist in etwa wie deine. WARUM??? Warum soll dieser Ort verschwinden. Warum ist hier kein Aktivist zu sehen??? Warum soll diese Alte Kirche weg gebaggert werden. Und warum baut man diese Kirche Kirche nicht wieder so in neu Mannheim auf. Kostet zu viel. Das können nur die Franzosen mit ihrer alten abgebrannt Kathedrale… Hier in Deutschland kann man nur alles den Erdboden Platt machen!!!
Norbert Schmitt
Dein Kommentar wird in kürze freigeschalten. Dies ist eine Vorschau; dein Kommentar wird sichtbar, sobald er freigegeben wurde.Warum wird der Ort Alt Mannheim eigentlich weggebaggert wenn man die Kohle nicht mehr braucht?… Warum wird dieser Ort eigentlich nicht für die Flüchtlinge freigegeben. Oder Warum wird die Kirche nicht wieder in Neu-Mannheim mit den selben Steinen da aufgebaut? Das können nur die Franzosen mit der Abgebrannten Kathedrale. DAS GEHT Nur hierzulande in Deutschland geht so was nicht. Abreißen geht hier besser. Also Warum??? Warum wird hier alles abgerissen???
Hier sieht man kein Aktivisten. Warum auch? Hier wird doch auch ein ganzer Ort den Erdboden platt gemacht. Hier wird kein Gramm Kohle gebraucht. Vielleicht auch deswegen…Also Warum ? Das weiß der Geier!!!
Michaek Ries
Ich dachte die Familie Schumacher hat unweit der Kartbahn gewohnt ?
War das Haus in 90ern das von Michael Schumacher oder der Familie ?
Jussen
Hallo ihr alle
Mein bester Freund aus den Niederlanden ist ein Riesen Fan von Alt Manheim und fotografiert immer, wenn er bei uns in Deutschland ist die aktuelle Lage dort. Er hat sich verschiedene Bildbänder bestellt und ist dankbar über jedes Foto/Postkarte etc. Für Tips oder schöne Fotos Eurerseits bin ich sehr dankbar…
Lg.aus Elsdorf
Birgit
Der neue Ort ist grottenhäßlich
Wie auf einem Teller
Absolut ohne Flair und Karakter
Wolli
Seit 2020 hat sich leider wieder viel getan in Manheim-alt. Die „alte Gastwirtschaft“ zum Roten Hahn steht leider nicht mehr. Ebenso verhält es sich mit der gesamten Häuserzeile links und rechts daneben.
Uwe
Dein Kommentar wird in kürze freigeschalten. Dies ist eine Vorschau; dein Kommentar wird sichtbar, sobald er freigegeben wurde.Der rote Hahn (Neonleuchte) hängt nun in Manheim-Neu am Feuerwehrgerätehaus, ebenso das Manheimer Wappenschild, das früher an der Schule hing.
Die alte Luftschutzsirene wird demnächst auch dort installiert.
Alex
Die Aussage „Auf der Kartstrecke in Kerpen-Manheim lernte er das Fahren.“ ist falsch. Michael Schumacher begann auf der alten Kartbahn in Horrem. Im Graf Berghe von Trips Club bin ich selbst aktiv gewesen und habe Michael auf dieser alten Strecke als kleinen Jungen kennengelernt. Die jetzige Erftlandring in Manheim ist erst einige Jahre später gebaut worden.
Andreas Rickmann
Danke für den Hinweis! Das ändern wir!
Thiel
Kann nicht die ultrareiche Michael Schumacher Familie das (ehemalige) Dorf noch retten und sei es als Mahnmal der Klimakatastrophe und damit der Verbrechen an unseren Kindern und Enkeln. (?)
Anonymous
Toller Beitrag! Danke für das Festhalten für die Nachwelt. Die Reste der A4 würde ich gerne mal mit meinem Skateboard „entweihen“. Dann sollte ich mich aber auch besser beeilen, bevor der Bagger kommt.
Anonymous
Seht dich nicht immer nur das Schlechte! Zeigt doch mal Fotos von Nei Manheim, so schöne Häuser haben die Anwohner! Warum jammern? Weil man ein neues Haus gegen ein zum Teil marodes Haus tauschen konnte? Es wird immer nur gejammert…
Balthasar
Man kann eine gewachsenes Dorfgemeinschaft nicht einfach an einen neuen Standort transportieren. Ich habe die Arbeiten für das neue Dorf mitgestaltet. Es wurden viele alte Straßennamen übernommen und die Planer haben auch versucht, soweit es ging, eine Kopie des alten Grundriss von Manheim hinzubekommen. Es ist aber nicht das selbe. Das Dorf ist am Reißbrett entstanden. Nicht gewachsen. Es hat keine Geschichte. Es ist eine Trabantenstadt. Keine Kneipe, kein Bäcker, kein Metzger etc. alles nur Retorte. Reine Wohnsiedlung ohne Herz. Für viele Menschen war das alte Dorf die eigene Identität. Jetzt sind sie nur noch ein Ortsteil von Kerpen. Das ist nicht dasselbe was die Menschen einst hatten. Ein Ort ohne Seele. Man baut lieber eine neue Kirsche anstatt zu versuchen die alte komplett, und nicht nur die Glocken, mitzunehmen. Für sowas hätte es Spezialisten gegeben. RWE hat genug Kohle um auch sowas zu finanzieren. Sie stellen aber lieber seelenlose Ortschaften in die Gegend und berauben die Bewohner ihrer Identität.
Anne
Dein Kommentar wird in kürze freigeschalten. Dies ist eine Vorschau; dein Kommentar wird sichtbar, sobald er freigegeben wurde.Danke für die Zeilen. Wie waren oft in der Gegend und rund um den Hambacher Forst.
Genau wie Sie es geschrieben haben,sieht es aus.
Man sagt nicht umsonst….Einen alten Baum verpflanzt man nicht….
Das wird leider oft vergessen
Insider
Die haben für ihre alten Häuser nur den Zeitwert bekommen. In Manheim-Neu haben die meisten viel kleinere Grundstücke und wieder reichlich Schulden. Denn für das Geld von RWE kann man kein neues Haus Bauen.
Carsten B.
Klar haben die neuen und modernen Häuser ihre Vorteile, sie ersetzen aber gerade für die älteren Menschen nicht die Heimat in der sie vielleicht ihr ganzes Leben verbracht haben. Mögen die alten Gebäude vielleicht marode und Sanierungsbedürftig gewesen sein, aber es war das Zuhause, vielleicht sogar die Geburtshäuser. Ein neues Haus bedeutet nicht gleich eine neue Heimat. Gerade wenn man in einem Ort aufgewachsen ist und immer dort gelebt hat wird das Herz immer dies als Heimat sehen.