75 Quadratmeter in bester Lage in der Kölner City. Nur rund 200 Meter vom Zülpicher Platz entfernt. Möbliert, sauber und die Einrichtung in Ordnung. Der Preis für einen Monat: 4534 Euro. Warmmiete pro Quadratmeter: 60,40 Euro. Anzeigen wie diese tauchen derzeit in großer Zahl auf dem Portal Immobilienscout24 auf. Hohe Mieten in guter Lage – das ist man in Köln längst gewohnt. Doch diese Preise kennt man eher aus Metropolen wie New York. Was ist der Hintergrund dieser bizarren Miet-Anzeigen? Ist das überhaupt legal?
(Screenshot Mietpreis: Immobilienscout 24)
Ein Großteil dieser Anzeigen auf Immobilienscout24 wurden über die Plattform Housinganywhere eingestellt. Eine Seite, die europaweit meist möblierte Wohnungen vermittelt. Auf der Plattform selbst sind über 300 Anzeigen für Köln zu finden, darunter zahlreiche Anzeigen sehr hohen Preisen. Beispiele:
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- 42 Quadratmeter am Friesenwall für 3100 Euro pro Monat (Anzeige) – entspricht 74 Euro pro Quadratmeter
- 30 Quadratmeter am Friesenwall für 3232 Euro pro Monat (Anzeige) – entspricht 107 Euro pro Quadratmeter
- 130 Quadratmeter in Merkenich für 6500 Euro pro Monat (Anzeige) – entspricht 50 Euro pro Quadratmeter
- 50 Quadratmeter in Niehl für 4500 Euro (Anzeige) – entspricht 90 Euro pro Quadratmeter
Zum Vergleich: Eine teilmöblierte Wohnung im Kranhaus im Rheinauhafen – dem Kölner Luxus-Spot schlechthin – kostet in aktuellen Anzeigen 2820 Euro warm (77 Quadratmeter), was 36 Euro pro Quadratmeter entspricht.
Die Anzeigen legen ein spezielles Problem in Städten mit hohen Mieten offen, die eine Mietpreisbremse haben – was in Köln der Fall ist.
„Einrichtungen müssten aus Gold sein“
Mit möblierten Wohnungen werden Vorgaben häufig ausgehöhlt und umgangen, wie der Deutsche Mieterbund auf Anfrage erklärt: „Möblierte Wohnungen, die in Ballungsräumen zur Miete angeboten werden, sind ein großes Problem, da sie oftmals überteuert sind. In Städten, wo die Mietpreisbremse gilt, hat das Angebot überteuerter möblierter Wohnungen eindeutig zugenommen“, sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund.
- Der Trick vieler Vermieter in Städten mit Mietpreisbremse: Bei möblierten Wohnungen darf man einen so genannten Möblierungszuschlag zur Grundmiete verlangen. Der aber wird häufig viel zu hoch angesetzt. „Bei den Preisen in den genannten Beispielen müssten das schon Einrichtungen aus Gold sein“, erklärt Jutta Hartmann.
Mietpreisbremse wird ausgehebelt
Die Konsequenz: Die Mietpreisbremse wird auf diese Weise ausgehebelt. In den Mietverträgen wird der Zuschlag laut Mieterbund oftmals bewusst nicht getrennt ausgewiesen.
Die Stadt Köln hat zuletzt große Anstrengungen unternommen, um den Missbrauch von Wohnungen für Kurzzeitvermietungen (etwa über AirBnB) einzudämmen. Wer Kurzzeitvermietungen anbietet, muss sich registrieren und braucht bei über 90 Tagen eine Genehmigung. Im zweiten Halbjahr 2022 gab es 306 Fälle, wo die Stadt ein „Wiederzuführungsverfahren“ eingeleitet hat, weil die Wohnung durch Kurzzeitvermietung zweckentfremdet wurde. Heißt: Die Wohnung musste wieder normal vermietet werden.
Aber wie sieht es bei längeren Vermietungen aus?
Bei Langzeitvermietungen ist die Lage komplizierter. „Die Stadt Köln greift Verdachtsfälle der Mietpreisüberhöhung nach dem Wirtschaftsstrafgesetz nach einer entsprechenden Meldung eines Mieters/einer Mieterin auf (Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent) und verfolgt solche Verstöße im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens“, erklärt eine Stadtsprecherin auf Anfrage.
Kann man sich als Mieter wehren?
„Generell gilt: Die Mietpreisbremse gilt auch für möblierte Wohnungen. Als möbliert gilt eine Wohnung, wenn sie mit 50 Prozent der üblichen Einrichtungsgegenstände möbliert ist“, erklärt Mietrechtsanwalt Alexander Bredereck dazu auf Nachfrage.
Wenn Mieter ihren Lebensmittelpunkt in diesen Wohnungen haben, gibt es für Mieter laut Bredereck mehrere Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen:
- „Es ist zunächst ratsam zu checken, ob die Mietpreisbremse greift. Ebenfalls sollte man prüfen, ob eine Möblierung tatsächlich gegeben ist.“ Dazu müssten mindesten 50 Prozent der üblichen Einrichtungsgegenstände vorhanden sein.
- Mieter können außerdem prüfen, ob Mietwucher vorliegt. Bredereck: „Der liegt vor, wenn die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt und eine Zwangslage des Mieters ausgenutzt wird.“
Auch die Stadt Köln weist darauf hin, dass laut Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes „Vermieterforderungen nach unangemessen hohen Mieten mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro“ geahndet werden können.
Mietwucher in der Praxis oft aufgeweicht
In der Praxis sieht es aber oftmals schwieriger aus. Denn um Mietwucher geltend zu machen, muss der Mieter nachweisen, dass der Vermieter eine Notlage ausgenutzt hat. Laut Jutta Hartmann vom Mieterbund findet der Mietwucherparagraph in der Rechtssprechung deshalb kaum noch Anwendung.
Die Stadt Köln erklärt dazu, der Bundesgerichtshof habe in den vergangenen Jahren die Kriterien für eine Mietpreisüberhöhung mehrfach aufgeweicht: „So wurde entschieden, dass bei der Beurteilung, ob der Vermieter mit seiner Mietforderung „ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum ausnutzt“, nicht auf den Wohnungsmarkt eines Stadtteils abgestellt werden dürfe. Es käme auf die Marktlage im gesamten Stadtgebiet an (BGH VIII ZR 44/04).“
Schlussfolgerung der Stadt zum Mietwucher: „Zumindest in Großstädten und Ballungszentren sind diese Anforderungen nur schwer in die Praxis umzusetzen. Im Ergebnis fordert der Bundesgerichtshof hier, dass Mieter nachweisen müssen, dass es bei Vertragsabschluss nicht irgendwo im Stadtgebiet die Möglichkeit gegeben hätte, auch eine billigere Wohnung anzumieten.“
Ein kompliziertes Dilemma, das Vermietern mit überhöhten Wohnungspreisen in die Karten spielt.
Welche Verantwortung haben Miet-Plattformen?
Was sagt die Plattform Housinganywhere zur Preisgestaltung auf der eigenen Plattform? „HousingAnywhere stellt Vermietern Informationen bereit, die ihnen dabei helfen sollen, eine angemessene Miete zu berechnen. Dabei weisen wir auf Vorschriften und die Notwendigkeit hin, das geltende Recht entsprechend der Art des zu vermietenden Objekts zu berücksichtigen“, erklärt das Unternehmen auf Nachfrage.
Heißt: Die Preise sind letztlich Sache zwischen Mieter und Vermieter.
Tatsächlich gibt es auf der Seite einen „Mietradar“, bei dem Mieter checken können, welche Miete angemessen ist. Für Köln steht das Tool allerdings nicht zur Verfügung.
„Vertrag zwischen Vermietern und Mietern“
Der Fokus der Plattform liege auf der Bereitstellung der Technologie. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die Plattform mehr mitverdient, je höher die Mieten sind. Housinganywhere nimmt eine Provision von 25 Prozent der Miete im ersten Monat.
Die Nutzer von Housinganywhere sind laut Firma vor allem Leute, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen und bis zu einem Jahr hier bleiben. Diese Leute würden meist möblierten Wohnraum nachfragen.
Praktisch für die Vermieter: Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus dem Ausland sich durch das deutsche Mietrecht schlägt und Begriffe wie „Mietpreisbremse“ oder „Mietwucher“ korrekt durchsetzt, erscheint in diesem Kontext gering.
Eine Verantwortung für Anzeigen mit extremen Mietkosten sieht das Unternehmen nicht: „Der Vertrag kommt zwischen den Vermietern und Mietern zustande und die Vermieter sind für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich.“
Hast du ähnliche Erfahrungen mit möblierten oder anderen Miet-Wohnungen in Köln gemacht? Schreib mir eine E-Mail.
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