Wer vom Hauptbahnhof auf den Kölner Dom blickt, sieht ihn oft in tiefem Grau-Schwarz – ein Anblick, der Fragen weckt. Dabei war die Kathedrale bei ihrer Fertigstellung 1880 deutlich heller. Heute zeigt sie ein vielschichtiges Erscheinungsbild: helle – meist neue – Steine neben dunklen, gespachtelte Flächen, sichtbare Reparaturen und Patina. Warum? Ein Blick auf Materialien, Umwelt und Restaurierung liefert die Antworten.
Heller Ursprung – dunkle Entwicklung
Der Dom wurde nach jahrhundertelanger Bauzeit 1880 vollendet. Die Fassaden bestanden aus Natursteinen – u. a. Trachyt vom Drachenfels sowie verschiedene Sandsteinsorten. Heute ist klar: Die ursprüngliche Farbigkeit war heller als die dunkle Erscheinung, die wir kennen.
Mit der Industrialisierung und zunehmender Luftverschmutzung änderte sich das Umfeld massiv. Kohleheizungen, Fabrikschlote, Dampfzüge sorgten vielerorts für starke Ruß- und Schwefeldioxid-belastung der Stadtluft. In Köln kam eine Besonderheit hinzu: Der Hauptbahnhof wurde im 19. Jahrhundert direkt neben den Dom gebaut. Diese Abgase wirkten sich langfristig auf die Steinoberflächen aus.
Schwarze Krusten – physikalisch-chemische Prozesse
Fachuntersuchungen zeigen: Auf vielen historischen Natursteinbauten bilden sich „black crusts“ (schwarze Krusten) – dünne, häufig dunkelbraune bis schwarze Ablagerungen, die auf Verwitterung, Luftschadstoffe und chemische Umwandlungen zurückgehen. Im Kontext des Domes heißt das:
- Schwefeldioxid (SO₂) reagiert mit Feuchtigkeit und Kalkstein oder Sandstein und bildet Gips (Calciumsulfat).
- In dieser Gipsmatrix lagern sich Rußpartikel, Staub und Schwermetalle ein – sichtbar wird eine dunkle Oberfläche.
- Diese Krustenschicht kann – entgegen dem Eindruck eines Schutzfilms – den Stein sogar schädigen, indem sie sich ablöst und den darunterliegenden Stein mitreißt.
Damit erklärt sich, warum viele Stellen am Kölner Dom tiefgrau bis schwarz erscheinen: Es ist nicht allein eine Frage der Farbe des Steins, sondern eine Folge von Jahrzehnten der Atmosphäre in der Stadt und chemischer Verwitterung.
Weitere Faktoren: Biobewuchs und Material-Mischung
Neben chemischen Krusten tragen auch biologische Prozesse zur Dunklung der Fassade bei. Auf den Steinflächen von Kirchen wie dem Dom siedeln sich Flechten, Algen, Cyanobakterien und Moose an. Diese Mikroorganismen bilden dunkle Pigmente oder Schatten, die zur sichtbaren Farbigkeit beitragen.
Zudem berichten Ökologen: Die Domfassaden fungieren heute als eigene Mikro-Ökosysteme mit Blattbewuchs und Flechten. In seiner Funktion hinsichtlich CO2-Speicherung kann man ihn sogar mit einem kleinen Wald vergleichen.
Aus dem Verliebt in Köln-Shop:Ein weiterer Aspekt: Der Dom ist kein homogener Steinbau. Verschiedene Werksteine mit unterschiedlichen Farben und Witterungsresistenzen wurden verwendet oder im Laufe der Zeit ersetzt. Das führt zu einem „Patchwork“ von Steintönen – bei dem eine dunkle Patina das Gesamtbild oft dominiert.
➡️ Am anschaulichsten ist das an der Dom-Ecke Nord-West, wenn ihr von der Domplatt zum Hauptbahnhof geht: Dort wurde die Domplombe zugemauert, mit neuem hellen Steinen – die sich unübersehbar an der Kathedrale von den anderen Steinen abheben.
Warum also helle Steine zu sehen sind
Wenn du aufmerksam schaust, erkennst du helle, fast „neu“ wirkende Steine in der Fassade. Dafür gibt es gute Gründe:
- Die Dombauhütte Köln ersetzt regelmäßig stark geschädigte Steinblöcke durch neue Werksteine.
- Seit Jahrzehnten ist die Luftqualität deutlich besser geworden – die Schwefeldioxid- und Rußbelastung sind stark zurückgegangen, was die Neubildung schwarzer Krusten verlangsamt.
- Reinigung und Konservierung werden selektiv betrieben: Ablagerungen werden entfernt, aber nicht das gesamte Bauwerk „aufgebürstet“, da Patina und historische Erscheinung Teil des Denkmalwertes sind.
Damit bleibt der Dom ein Mosaik aus Zeit, Material und Umwelt – heller Ersatzstein bei neueren Arbeiten, tiefdunkle Flächen dort, wo jahrzehntelang industrielle Luft ihre Spuren hinterlassen hat.
Denkmalpflege im Bewusstsein der Geschichte
➡️ Ein Stück weit gilt: Der schwarze Schleier gehört heute zum Dom-Bild. Er erinnert an eine Ära hoher Luftverschmutzung und an die Herausforderung, ein Monument im städtischen Umfeld zu erhalten. Frei von Kruste würde der Dom anders aussehen – aber damit läge er auch weiter unter der Last historischer Haltbarkeit.
Infos zum Kölner Dom
- Gebaut: 1248–1880.
- Steinarten: u. a. Trachyt vom Drachenfels, Sandsteine verschiedener Herkunft.
- Schwarze Kruste erklärt durch: Luftschadstoffe (SO₂, Ruß), chemische Umwandlung (Gipsbildung), biologische Bewuchs.
- Helle Stellen: Neue Werksteine, Reinigung, bessere Luft.
- Denkmalchutz-Hinweis: Der Dom wird nicht vollständig „aufhellen“ – Schwarze Oberfläche gehört zur Geschichte.



