Verliebt in Köln-Kanal auf WhatsApp: hier klicken & kostenlos beitreten
Gummi Grün am Kölner Neumarkt

137 Jahre Tradition: Erinnerungen an Gummi Grün am Neumarkt

Mit Gummi-Grün am Neumarkt hat ein Kölner Qualitätsgeschäft 2022 seine Türen nach 137 Jahren für immer geschlossen. Das Geschäft war bekannt für seine Auswahl an Gummi-Artikeln aller Art und vor allem für seine kompetente Beratung. Wer hierhin kam, dem wurde geholfen. Es ist genau das, was viele Menschen mittlerweile vermissen.

Ruth Welter hat uns diese Zeilen über Gummi-Grün und die Beratung dort geschrieben. Zeilen die auch zeigen, was viele Menschen heute vielleicht vermissen.

„Kann ich jet für Üch dunn?“

Die Stimme gehört einer adrett gekleideten älteren Dame und kommt hinter der altertümlich anmutenden Kasse hervor.

Ich schildere der Dame mein Anliegen. Ich suche einen Fensterfeststeller, so wie es sie früher gab: ein Teil aus Gummi/Plastik, sieht aus wie eine Kralle und wird in den Fensterrahmen gesteckt Die Dame weiß sofort, was ich meine – während der Leser jetzt vermutlich ins Grübeln kommt.

Newsletter abonnieren ✅ Jeckes Ausmalbild (Foto) als Blanko-PDF erhalten ✅

Jeckes Ausmalbild

Newsletter abonnieren ✅ Jeckes Ausmalbild (Foto) als Blanko-PDF erhalten ✅

Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuche es später noch einmal!

„Do möht Ihr noch jet waade. Dat müsse mer neu bestelle. Ävver dat duurt noch e paar Woche.“  Sie reicht mir einen Flyer und deutet auf die Telefonnummer. „Dat is esu ne Kleinkrohm, un der bestelle mer immer nur alle paar Woche. Doht einfach ens aanrofe, un ich jon dann ens luure ov et jekumme es.“

Ich sage brav danke schön und verschwinde mit dem Flyer aus dem alteingesessenen Geschäft, in dem es so viel zu sehen gibt. Man denke nur an die altmodischen Badekappen, die eng gesessen und einen Riemen unter dem Kinn hatten und die entsprechenden Druckknöpfe an der Kappe…

Ebenso Badeschuhe in allen Formen und Größen. Aber auch Massage-Igel, die in der Physiotherapie-Praxis das Doppelte oder Dreifache kosten. Dichtungen, Schaumstoffe, Badewannen- und Beckenstöpsel, Hunde- und Katzenspielzeug, Fußmatten, Duschvorhänge, Wärmeflaschen, Gummidichtungen, Regenbekleidung und –stiefel, Schaumstoffe (mit Zuschnitt), Moosgummi, und so weiter und so weiter. 

Später lese ich im Flyer, den die nette Dame mir mitgegeben hat:

„Gummi-Grün-Köln“ findet man heute in Köln in der Richmodstrasse 3-7, im Herzen von Köln. 1884 wurde die Firma von Franz Grün gegründet und in zweiter Generation seit 1920 von dessen Sohn weiter geführt. Nach dem Tod von Franz übernahm dessen Ehefrau Sophia die Geschicke der Firma. Von 1950 an stand Ernst Masuth ihr zur Seite – er übernahm das Geschäft 1978 und führte es bis Ende 2006. Seitdem ist Gerhard Zilles der Inhaber und setzt die Tradition fort.

Anzeige:

Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich der Sitz des Ladenlokals in der Herzogstraße in Köln. Durch Bombenangriffe und Zerstörung handelte Herr Grün von der Garage in seinem Wohnhaus in Köln-Deckstein weiter und überstand die schwere Nachkriegszeit. 1949 bezog man neue Geschäftsräume am Neumarkt, und 1992 zog man ganz in der Nähe des Neumarkts in die Richmodstraße 3-7. 

Die Warenpalette von „Gummi Grün“ ist enorm, obwohl der Laden so klein und ein wenig altmodisch wirkt. Wenn man eine neue Dichtung braucht, empfiehlt es sich, ein Stück der alten mitzubringen, denn: Man hat die Wahl zwischen 3200 verschiedenen Dichtungen. Die Mitarbeiter suchen die richtige heraus. 

Beim Blick in die Schaufenster kommen ganz viele Erinnerungen hoch an „damalige“ Zeiten. Bei Gummi Grün gibt es noch Artikel, die wir längst vergessen glaubten. Und mein Fensterfeststeller… klar, nach ein paar Wochen erfuhr ich, dass der jetzt da wäre.

1,30 Euro hat er gekostet. „Dat is nit mieh die Kwalität wie fröher. Luurt ens: vill fester, dat Material. Früher woren die flutschijer. Ävver mer kann sich draan jewänne, nä?“, meinte die Dame hinter der Kasse entschuldigend und betätigte die Kurbel ihrer alten Kasse. 

Mit welcher Botschaft sich der Besitzer 2022 von seinen Kunden verabschiedete, lest ihr hier.

Zurück

2 Kommentare

  • Der Kommentar von der älteren Dame hinter der Theke ist so richtig Balsam für meine Ohren. Leider hört man diese Töne überhaupt nicht mehrH

    Herzlich Gisela Weinert

  • Sehr liebevoll beschrieben…vielen Dank

Kommentiere diesen Artikel