Kölnerin (81) erinnert sich: Wie kölsche Lieder halfen, den Krieg zu überstehen

Mit dem Lied von Willi Ostermann verbinden besonders viele ältere Kölner bis heute besondere Erinnerungen. Es sind solche, als sie aufgrund des 2. Weltkrieges ihre Heimat Köln verlassen mussten und nicht wussten, ob sie jemals wieder heimkehren könnten.

Die folgende Erinnerung ihrer Lebensgeschichte hat uns Eva H. geschickt. Sie lebt heute in Köln-Sürth und erinnert sich in den folgenden Textzeilen daran, welche Rolle das Lied bei Kölnern spielte, die in anderen Teilen in Deutschland waren.

Frau H. hat uns erlaubt, ihre Erinnerungen mit euch zu teilen. Es ist zugleich eine Mahnung und Erinnerung, wie gut wir es in der heutigen Zeit haben.

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„Dieses Kölsche Lied erweckt auch in mir sofort Emotionen. Ich bin Jahrgang 1939 und in Köln geboren kurz vor Kriegsausbruch. Wir wurden evakuiert nach Thüringen. Obwohl ich noch sehr klein war, kann ich mich an diese Zeit an der Saale sehr gut erinnern.

An den Kindergarten, an den Fluss, der mir damals ganz gewaltig vorkam. Vor ein paar Jahren war ich nochmal dort und er erschien mir jetzt in der Relation zum Rhein gar nicht mehr so breit und unruhig. 

Wenn ich das Lied höre „Ich mööch zo Food no Kölle jon“, habe ich sofort die Bilder aus Thüringen vor mir. Auf der Straße, im Bunker, beim Wandern in den schönen Wäldern – sobald Kölner zusammentrafen – sangen sie dieses Lied.

Ich spürte die Stimmung der Menschen, ihr Heimweh, ihre Sehnsucht nach der Heimat und nach Menschen, die dort geblieben waren.
Ich kannte dieses Gefühle selbst noch gar nicht und konnte nur nachempfinden, dass es etwas sehr Starkes war, was die Gemüter bewegte.

In Winzelar (oder ähnlich) waren wir wohnhaft und ich hatte dort viele Freunde. Wir konnten auf den Straßen im Winter Schlitten fahren und spielen. Es kamen selten Autos dort entlang.

Die Frau – Frau Dörfer – bei der wir zwei Zimmer bewohnten, war sehr lieb und gab mir immer Milch von ihrer Ziege, Eier von ihren drei Hühnern und Obst aus ihrem Garten.

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In einer Pfanne machte sie mir mal Bonbons aus Butter und Zucker und nähte mir eine Lappen-Puppe.  Wir hatten es sehr gut getroffen. Ich habe diese Frau sehr lieb gehabt.

Vor einigen Jahren war ich dort und wollte mir die Gegend nochmal ansehen. In der Straße waren viele neue Häuser, aber das Haus von Frau Dörfer stand noch, war jedoch nicht bewohnt. Es war verwittert. Frau Dörfer hatte keine Familie, erzählte mir damals meine Großmutter.

Ich denke heute noch mit so viel Dankbarkeit und Zuneigung an diese gute Frau.“

Habt ihr ähnliche Erfahrungen, Erinnerungen oder Lebenswege? Wir sind dankbar über jeden, der seine Erinnerungen teilen möchte. Schreibt uns eine E-Mail.

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6 Kommentare

  • Karlheinz Berghäuser

    Die Erinnerung ist echt gut. Meine Oma, die Mutter meines Vaters, kam auch aus Köln. Sie heiratete 1922 ihren Mann und zog mit ihm nach Wiesbaden. Sie hatte oft Heimweh nach Köln. Man merkte es ihr nicht immer an. Aber wenn die Karnevalssendung aus Köln im TV lief, dann war sie wie ausgewechselt. Sie war zuhause, sprach den Dialekt perfekt, und vieles mehr. Sie hat mir mal die Meinung gegeigt, weil ich mich über die Sendung beschwerte, von wegen man könne nicht alles verstehen. Daraufhin sagte sie, für sie sei das Heimat, und sie war zuhause. Ich sagte da nix mehr. Ich hatte meine Lektion gelernt. Später stellte ich dann fest, wie recht sie hatte, als ich mich mit anderen unterhielt, darunter auch mit solchen, die ihre Heimat verlassen mußten. Und im übrigen kann man den Namen Köln durch jede andere Staft in Deutschland und der Welt ersetzen. Das Ergebnis ist immer dasselbe.

  • Immer wenn ich über die Rodenkirchener Brücke ( A4) fahre habe ich eine Träne im Auge.
    Ich musste zurück von Köln nach Wuppertal da meine ehemalige Frau vor 2 Jahren verstorben ist und unsere drei minderjährigen Kinder in unserem Haus dort wohnen und Ihr soziales Umfeld behalten wollen. Jedoch schlägt mein Herz für Köln, dem Dom und dem 1.FC Köln ( nach meinen Kindern). Ever irgendwann jeet et wieder zurück nach Kölle.🥲

  • Ich weiss auch dass beim Spazieren in der der Nähe von Chemnitz immer Ich möch zo Foss noh Kölle jonn gesungen wurde und dabei viel geweint wurde.
    Aber so tolle Erinnerungen habe ich nicht,wir hatten alles Andere als nette Leute.Die waren das ganze Gegenteil

  • Ich bin zwar einn anderer Jahrgang (1957) aber berufsbedingt oft umgezogen. Wenn ich über die Zoobrücke kam wurde es mir warm ums Herz. Und so geht es mir auch heute noch, obwohl ich keine 100 Kilometer entfernt wohne vermisse ich einiges

  • micha dieck

    Der schöne Bericht von Frau Herzogenrath zeigt einerseits, wie sehr alle die Heimat vermissen, die man vorher wahrscheinlich kaum als solche wahrgenommen hat. Die Menschen fühlen ein großes Loch in ihrem Innern, ein Vakuum, das so nicht durch etwas Neues aufgefüllt werden kann. Die meisten Leute vergessen diese Erfahrung nicht, sie wissen in Zukunft zu schätzen, was sie an Köln haben.
    Andererseits verschwindet die Erinnerung an Frau Dörfer und an ihre Menschenfreundlichkeit einem Kind gegenüber mit dem hoffentlich noch sehr fernen Ableben von Frau Herzogenrath. Ist daher Frau Dörfers Handlungsweise vergebens gewesen? Nein, sicher nicht – sie ist im Herzen Rheinländerin gewesen. Denn Rheinländer tun Dinge, um ihrer selbst willen. Ich bin sicher, Frau Herzogenrath hat vielen Menschen Ähnliches im Gedenken an sie getan.

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