Ubierring

Kölns wahre Stadtgründer: Die vergessene Geschichte der Ubier

Wer in Köln unterwegs ist, kennt den Ubierring. Für viele ist er einfach eine wichtige Straße in der Südstadt – mit KVB-Linie 15, alten Bäumen und der Nähe zum Rheinauhafen. Doch kaum jemand weiß, woher der Name eigentlich kommt. Tatsächlich erinnert er an ein Volk, ohne das es Köln in dieser Form wohl gar nicht gäbe: die Ubier.

Ein Stamm rechts des Rheins – und ein Deal mit Rom

Die Ubier waren ein germanischer Stamm, der in der Antike rechts des Rheins, östlich der Kölner Bucht, siedelte. Römische Autoren wie Tacitus erwähnen sie als Gruppe, die sich früh und eng mit Rom verbündete – anders als viele Nachbarn, die römische Herrschaft eher bekämpften. (Foto: Pedelecs CC BY-SA 3.0)

➡️ Für Rom waren die Ubier damit ein wichtiger Partner an einer sensiblen Grenze.

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Umzug in die Kölner Bucht: Vom rechts- ans linksrheinische Ufer

Gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. entschied Rom, die Ubier auf das linke Rheinufer zu holen – mitten in den römischen Machtbereich. Der Feldherr Marcus Vipsanius Agrippa, ein enger Vertrauter des späteren Kaisers Augustus, spielte dabei eine zentrale Rolle.

  • Nach heutigem Forschungsstand geschah die Umsiedlung wahrscheinlich um 20/19 v. Chr. in mehreren Schritten. Die Ubier wurden in verschiedenen Siedlungen verteilt; ihr neuer Hauptort entwickelte sich dort, wo später das römische Köln entstand.

Das oppidum Ubiorum: Der erste „Stadtkern“ von Köln

In der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. wuchs auf dem Gebiet der heutigen Altstadt ein urbaner Siedlungskern heran: das oppidum Ubiorum, die „Zivilsiedlung der Ubier“. Archäologische Funde zeigen, dass sich hier schon früh ein römisch geprägtes Straßennetz, Wohnhäuser, Handwerksbetriebe und Märkte entwickelten.

  • Man kann sagen: Hier beginnt die Geschichte Kölns als Stadt.

Der Ara Ubiorum – ein Altar mit großer Bedeutung

Mitten in dieser frühen Siedlung entstand ein monumentaler Kultbezirk: der Ara Ubiorum, der „Altar der Ubier“. Er wurde im letzten Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts v. Chr. errichtet und war der Personifikation Roma und dem römischen Kaiser geweiht. Hier sollten die unterworfenen Germanen ihre Loyalität gegenüber Rom demonstrieren.

  • Der Ara Ubiorum war damit nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein politisches Symbol: Die Ubier hatten ihren Platz im römischen Imperium gefunden.
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Agrippina und der Sprung zur römischen Koloniestadt

Der entscheidende Moment kam im Jahr 50 n. Chr.: Agrippina die Jüngere, Tochter des Feldherrn Germanicus und spätere Ehefrau von Kaiser Claudius, wurde im oppidum Ubiorum geboren.

➡️ Sie nutzte ihren Einfluss in Rom und erreichte, dass ihre Heimatstadt zur römischen Kolonie erhoben wurde. Aus dem Ubier-Ort wurde:

Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) – die Kolonie des Claudius beim Altar der Agrippinenser.

Mit diesem Schritt bekam der Ort:

  • Stadtrecht nach römischem Recht
  • eine eigene Stadtverwaltung
  • deutlich mehr Privilegien und Gewicht im römischen Reich

Köln wurde Hauptstadt der Provinz Germania Inferior – eine zentrale Metropole an der Rheingrenze.

Was von den Ubiern blieb

Die Ubier verschwanden danach nicht einfach aus der Geschichte. Sie gingen nach und nach in der Bevölkerung der römischen Stadt auf. Archäologische Funde – Gräber, Keramik, Alltagsgegenstände – zeigen eine Mischkultur aus römischen und einheimischen Traditionen. Genau diese Übergangszeit gilt heute als eine der Wurzeln der rheinischen Identität.

Direkte Spuren der Ubier sind im Stadtbild zwar schwerer auszumachen als die großen römischen Mauernreste – aber sie sind da: in Schichten unter der Altstadt, in Museumsstücken, in Straßenverläufen … und in einem Straßennamen, an dem viele täglich vorbeifahren.

Der Ubierring – eine Straße als lautes Denkmal

Der Ubierring erhielt seinen Namen im 19. Jahrhundert, als auf dem Gelände der abgerissenen Stadtmauer die Ringstraßen angelegt wurden. Offiziell benannt wurde er am 10. Mai 1883 – ausdrücklich zur Erinnerung an das Volk der Ubier, „die in Köln ein Oppidum gründeten, die Vorgängersiedlung der dann römischen Colonia Claudia Ara Agrippinensium“.

Wer heute also mit der Linie 15 über den Ubierring fährt, bewegt sich nicht nur durch die Südstadt – sondern über eine Straße, die an die allerersten Stadtbewohner Kölns erinnert.

Fazit: Ohne die Ubier kein Köln, wie wir es kennen

Die Geschichte der Ubier ist kein kölsches Märchen, sondern gut belegt: Ein germanischer Stamm wird von Rom auf die linke Rheinseite geholt, gründet eine Siedlung, bekommt einen monumentalen Altar – und erhebt sich mit Hilfe einer Kaisergattin zur Koloniestadt.

Aus dem oppidum Ubiorum und dem Ara Ubiorum entsteht das, was wir heute als Köln kennen.

Der Ubierring heute

  • Südlichster Abschnitt der Kölner Ringe, rund 822 Meter lang.
  • Entstand nach dem Abriss der Stadtmauer und wurde 1883 offiziell benannt.
  • Benannt nach den Ubiern, den frühesten bekannten Bewohnern des Kölner Stadtgebiets.
  • Prägend sind der breite Grünstreifen mit KVB-Gleisen (Linien 15/16) und historische Wohnhäuser aus dem frühen 20. Jahrhundert.
  • Verbindet das Agrippinaufer mit dem Chlodwigplatz und gehört zur Bundesstraße 9.
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