Ehrenfeld stand früher für eine einzigartige Klub- und Kulturszene. In den vergangenen Jahren hat sich das Veedel gewandelt. Kult-Orte, wie das Underground und das Heinz Gaul verschwanden für immer. Sie wichen Neubauten, in denen die Wohnungen heute für bis zu 30 Euro kalt pro Quadratmeter vermietet werden. Wie macht sich das im Veedel bemerkbar?
Siefdin Esmael Faraj sitzt hinter seiner Verkaufstheke. Gemeinsam mit seinem Bruder betreibt er das Büdchen an der Vogelsanger Straße / Ecke Lichtstraße. Die Live Music Hall ist nur einen Steinwurf entfernt. Wenige Straßen weiter ist der Bahnhof Ehrenfeld.
(Foto Helios AG: Superbass / CC BY-SA 4.0)
Hinter Siefdin im Büdchen stehen eine Siebträgermaschine, Hochprozentiges und alle möglichen Zigarettenmarken. Die Verkaufstheke ist bunt bestückt. 2021 übernahm er das Büdchen. Den Wandel im Veedel spürt er auch bei sich im Kiosk: „Es hat sich einiges verändert“, sagt er.
Prägende Orte von Ehrenfeld verschwanden
➡️ Schon 2017 musste die Partyszene in Ehrenfeld den Wegfall des Kultclubs Underground hinnehmen, 2020 folgte das Heinz Gaul. In den Jahren darauf entstanden zahlreiche Neubauten in Ehrenfeld. „Die Baustellen war gut für uns, da haben viele gearbeitet, die sich in der Mittagspause hier was gekauft haben“, erzählt er.
- Doch seitdem die Bauarbeiter gingen, ist es ruhiger geworden im Veedel. Der Netto in einem Neubau wenige Meter weiter macht dem Büdchen Konkurrenz.
➡️ Wie sich Ehrenfeld verändert hat, lässt sich auch in Zahlen der Stadt Köln ablesen: Die durchschnittliche Anzahl an Kindern in Ehrenfeld ist geringer, als im gesamtstädtischen Vergleich. Die Menschen sind jünger und gelten als besser ausgebildet. Die Mieten sind gestiegen. Neuvermietungen kosten bis zu 30 Euro kalt pro Quadratmeter.
Aus dem Verliebt in Köln-Shop:
Viele Neubauten verändern Ehrenfeld
📍Früher war Ehrenfeld der Arbeiterstadtteil. Ab den 1970er-Jahren schlossen immer mehr Industriebetriebe. Es folgten schwierige Jahre. Dann kamen die Kreativen. Und zuletzt die Neubauten. Was man vor Ort auch sieht: Die Straßen sind leerer, der urbane Charme des Veedels ist neuen Fassaden gewichen. Ein Veedelsgefühl entsteht mit Blick auf die Neubauten bislang nur schwerlich: „Die Straßen sind teilweise wie tot”, so Siefdin mit Blick auf sein Geschäft in den Abendstunden.
- Die kleine Moschee, der Italiener gegenüber und Siefdrins Kiosk erzählen von Zeiten, als die Gegend noch nicht so teuer und dicht bebaut war. An die alten Industriebetriebe, die den Stadtteil früher prägten, erinnern heute nur noch Straßennamen und der Helios Leuchtturm.
Wer sich im Veedel kennt, der hilft sich auch heute noch: Während des Gesprächs kommt ein Kollege aus dem Kiosk wenige hundert Meter weiter dazu. Sie plaudern kurz, tauschen Kassenrollen aus. Man hilft sich, trotz Konkurrenz und schwieriger Umsatzlage.
⭐️ Was sich nicht verändert hat: Die Lieblingsgetränke der KioskbesucherInnen. Die laut Siefdin meist verkauften Getränke sind immer noch Reissdorf Kölsch und der Energy Drink Club Mate. Sehr Ehrenfeld eben.