Es ist ein Anblick, den man bis vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten hätte: Zwischen Weinreben, an Haltestellen, auf Balkonen – und sogar in der Kölner U-Bahn (im Dom ist noch keine Meldung bekannt geworden 😉).
Die Gottesanbeterin, eigentlich eine wärmeliebende Art aus Südeuropa, hat sich 2025 im gesamten Rheintal fest etabliert. Das bestätigen aktuelle Zahlen des NABU Bonn, die zeigen, wie rasant sich die Insekten nach Norden ausbreiten. (Foto: Christine Lämmer / Nabu Bonn)
Rekordjahr für die Gottesanbeterin
Nie zuvor wurden in Nordrhein-Westfalen so viele Gottesanbeterinnen gemeldet wie in diesem Sommer. Allein beim NABU Bonn gingen 234 Fundmeldungen ein – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (108) und fast fünfmal so viele wie 2023.
Den ersten Reproduktionsnachweis im Land gab es erst 2023 bei Königswinter, doch seitdem schreitet die Ausbreitung in einem Tempo voran, das selbst Fachleute überrascht.

„Das gesamte Rheintal ist inzwischen dicht besiedelt“, heißt es vom NABU. Von Bonn bis Düsseldorf und weiter ins Siegtal bis Hennef sind zahlreiche Tiere gesichtet worden, ebenso am Rand der Eifel und in der Jülich-Zülpicher Börde. Selbst aus dem Ruhrgebiet – von Duisburg bis Hamm – liegen mittlerweile vereinzelte Meldungen vor.
Auch Köln ist Teil der Erfolgsgeschichte
25 Fundmeldungen stammen allein aus Köln. Die meisten Tiere wurden nicht etwa in der freien Natur, sondern in Gärten, an Häusern oder auf Fahrzeugen entdeckt. Auffällig häufig auch dort, wo Menschen sich besonders viel aufhalten: an Haltestellen, auf Parkplätzen – und mitunter an sehr ungewöhnlichen Orten.
So berichtet der NABU von einem Fund in der Kölner U-Bahn: Ein Fahrgast entdeckte das Tier an seiner Jacke. Eine andere Meldung stammt aus der Damentoilette der Bonner Uni-Klinik, wo sich ein Männchen (!) auf einem Toilettensitz niedergelassen hatte.
Das neue Klima schafft Lebensräume
Dass sich die Gottesanbeterin so erfolgreich ausbreitet, liegt vor allem am milderen Klima der vergangenen Jahre. Die wärmeliebende Art profitiert von heißen Sommern und milden Wintern.
Klimatisch begünstigt sind vor allem die Flusstäler, doch inzwischen wagt sich die Art auch in höhere Lagen: Aus dem Bergischen Land liegen bereits Nachweise aus Wuppertal, Hückeswagen, Lindlar und sogar Siegen vor.
Noch sind die Populationen in diesen Regionen klein, doch vieles spricht dafür, dass die Gottesanbeterin bleibt. „Wir erleben hier die nördlichste Ausbreitungswelle dieser Art in Deutschland“, so ein Sprecher des NABU. Für viele Naturfreunde ist das eine kleine Sensation – für Insektenforscher ein sichtbares Zeichen des ökologischen Wandels vor der eigenen Haustür.
Aus dem Verliebt in Köln-Shop:Wo man sie jetzt sehen kann
Wer in Köln und Umgebung aufmerksam hinschaut, kann die grazilen Räuber mit den gefalteten Fangarmen inzwischen regelmäßig entdecken. Sie sitzen oft gut getarnt in Sträuchern, an Mauern oder auf Terrassenstühlen – und verharren stundenlang unbeweglich.
Wie man eine Gottesanbeterin erkennt
Die Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa) ist unverwechselbar: schlank, etwa sechs bis acht Zentimeter lang, mit leuchtend grüner oder bräunlicher Färbung. Typisch sind die gefalteten Fangarme, die aussehen, als würde das Tier beten – daher auch der Name.
Häufig sitzen sie reglos auf Pflanzen oder Mauern und warten auf Beute. Bei Sonnenschein erkennt man sie oft an ihrer aufrechten Haltung und dem dreieckigen Kopf, der sich fast um 180 Grad drehen kann.
Ist die Gottesanbeterin gefährlich?
Für Menschen ist die Gottesanbeterin völlig ungefährlich – sie kann weder stechen noch beißen. Auch für heimische Ökosysteme gilt sie bislang nicht als Bedrohung. Zwar frisst sie andere Insekten, darunter auch Bienen oder Schmetterlinge, doch in geringem Maße. Forscher sehen ihre Ausbreitung eher als Indikator für den Klimawandel.
Die wärmeliebende Art nutzt neue Lebensräume, die durch steigende Temperaturen entstehen. In der Natur übernimmt sie eine ähnliche Rolle wie andere heimische Räuber.
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