Die außergewöhnlichen Antworten auf diese 6 Gewissensfragen

Ich habe vor einiger Zeit sechs Fragen in den Raum gestellt und sie kölsche Gewissensfragen genannt. Mich hat interessiert, wie Kölsche darüber denken. Es geht weniger darum, kurz mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten, sondern seine Gedanken zu formulieren und daraus vielleicht auch einige grundsätzliche Dinge abzuleiten, die einfach spannend sind.

Ich habe mehrere ganz tolle Antworten erhalten, von denen ich hier einige mit euch teilen möchten. Nehmt euch einen Moment Zeit, und schaut euch die Antworten an.

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Die 6 kölschen Gewissensfragen:

Darf ich Karneval blöd finden?

Darf ich aus der katholischen Kirche austreten aber den Dom trotzdem besuchen und bewundern?

Darf ich mich als Kölner bezeichnen, auch wenn ich die Sprache nicht kann?

Darf ich Altbier mögen?

Darf ich ein Konzert von den Toten Hosen besuchen?

Darf ich auch einfach mal aus Köln wegziehen?

Heide hat folgende Antworten geschickt:

Natürlich beantworte ich alle Fragen mit ja, obwohl ich beim Altbier erst mal nachdenken musste ob ich diese Frage lieber mit nein beantworten sollte.

Aber mein kölsches Herz und die dazugehörende Toleranz hat sich für 6 x ja entschieden.

Lääve un lääve losse un jede Jeck es anders. Wieviel friedlicher ginge es auf der Welt zu, wenn das alle berücksichtigen würden.

Vera hat folgende Antwort geschickt:

Ich bin eine gebürtige Ehrenfelderin und somit ein echtes kölsches Mädchen. Der Kölsche an sich läßt jeden nach seiner Fasson selig werden.

Er versteht vielleicht nicht, warum Du Karneval nicht magst, akzeptiert es aber. Findet es komisch, dass Du kein Kölsch spricht, macht aber Deine Eltern dafür verantwortlich. Ihm ist egal, welche Religion Du hast, solange Du den Dom toll findest.

Du darfst ein Konzert der „Toten Hosen“ besuchen, aber nur wenn sie in Köln spielen. Aus Köln darfst Du nur wegziehen wenn es gar nicht anders geht und Du verspricht, immer wieder zu kommen.

Aber Altbier trinken – so tolerant ist der Kölsche nicht!

Franz-Christian hat folgende Antworten geschickt:

Darf ich Karneval blöd finden?

Da bin ich mer nit sicher. Dat kölsche Jemüt braucht ja – anders als das der Schwaben – keinen besonderen Anlass tolerant und lustisch zu sein. Die Jrundstimmung „Jute Laune“ prägt sich jedem, der in Köln jeboren un aufjewachsen is, ja automatisch mit.

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Also… wä suwiesu zom laache nit en de Keller jeiht, broch kejne Karneval. Ävver e kütt demm jölsche Jemööt doch entjäje. Drom: Wat ene äächte Kölsche es, fink dä Karneval nit blöd – ävver hä däd’et dürfe…

Darf ich aus der katholischen Kirche austreten aber den Dom trotzdem besuchen und bewundern?Janz klar:

„JO!“ Ich war noch nie katholisch, un mittlerweile bin ich Atheist… – aber ich liebe unseren Dom. Und et jibt keinen Köln-Besuch ohne eine Stippvisite im Dom!

Darf ich mich als Kölner bezeichnen, auch wenn ich die Sprache nicht kann?

Also dat kann ich niidd’esu richtisch beantwo:te. Wat’ene kölsche Jung es oder e kölsch Weesch, hätt sing Muttersproch nie verlo:re un hä oder it kann Kölsch kalle. Punkt. Alle andere sin Immis u nd dörfe sich nit Kölsche nenne!

Darf ich Altbier mögen?

Jo… dürfe darf mr – Ävver möje dejt mr et nit. Fö Alt jilt’et selve wie fö Ambrosia un Nektar: „… dat es doch alles Dreck! Probeet bloß’ens e ääch Jlas Kölsch – ich saaren Üch: Dat schmeck!

Darf ich ein Konzert von den Toten Hosen besuchen?

Ich wejß nit, ich wejß nicht… Sinn die duude Botze nit „Düsseldorfer us Üvverzeujung“? – Ävver eijentlich künne se jo nix dafür, dat se in der verboddene Stadt jeboo:re sin. Un Musik es jo international… Also joot: Mr darf!

Darf ich auch einfach mal aus Köln wegziehen?

Ävver jo… Hückzedaach kann ejne jo wäjen dr Ärbejt üvverall hin verschlaare wääde… Ich wo:r 40 Johr Soldat und ben kreuz und quer durch Deutschland jetrocke und zo joder Letz der Liebe wejen he im Kraichgau hänge jeblevve…

Ne Kölsche ben ich trotzdemm… Ene Exil-Kölsche. Un üvverall, wo ich hinkumme, wesse de Lück op Anhieb: Dat es’ene kölsche Jung…

Walter hat folgende Antworten geschickt:

Seit 1156 sind meine Vorväter von Basel über Schwaben, das Elsass, von Frankreich, Holland, Belgien, die Eifel und das Sorbenland nach Köln gezogen. Ich kam 1941 in der Ursulagartenstrasse zur Welt. Um General Harras zu zitieren, bin ich ein Vertreter des Adels vom Rhein.

Und Kölner? Ich lernte eine Kölsche Aussprache, die man heute nur noch selten hört. Der Lackierer Günther von Morlock Motors bei DEMAX TV spricht sie noch zu meiner Freude. Meine Großmutter, geboren 1889 in Cöln, fand mein Kölsch wäre kein Original, sondern Kalker Platt, weshalb sie auch um ihren 90. Geburtstag vom WDR als Sprachdenkmal für kölsches Kölsch interviewed wurde.

„Mein Kölsch“ der 40er und 50er Jahre ist futsch, aussterbend. Ich bin Kölner ohne Kölsch.
Ich fand den Karneval blöd, obwohl ich in meiner Jugend mit Papalos Jazzmen im Gürzenich zur organisierten Lustifikation gespielt habe.

Meine letzten Jahre in Köln bin ich während des Karnevals im Bergischen Land gewandert und habe dort andere interessante, junge kölsche Karnevalsverächter getroffen. Ich war Kölner ohne Karneval
Dann trat ich aus der katholischen Kirche aus, weil man mit diesem System nicht argumentieren konnte/kann.

Der Kölsche mag kein Dogma, sondern sagt: „Levve un levve losse“. Das heißt, offen sein für die Wirklichkeit und Veränderungen und Toleranz. Damals fühlte ich mich in meinem Kölschsein durch meinen Austritt bestärkt.

Es zog mich aus Köln weg, nach Stockholm, Schweden, wo ich 40 Jahre meines aktiven Lebens verbrachte und Schwede wurde. Ich war jung genug, Schwedisch akzentfrei zu lernen und mein Kölsch, meine zweite Fremdsprache, zu verlernen. Aber je länger ich dort lebte, desto mehr wuchs der Kölner, der Lateiner, in mir in Auflehnung gegen einen protestantischen Frugalismus, „Levve un levve losse“ war und ist mein Leitsatz.

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Ich lehrte meinem schwedischen Sohn das Kölsche Jrundjesetz und einen Rheinischen Akzent im Deutschen, damit er bei seinem Studium in Bonn als Rheinländer willkommen war. 

Während meiner Exporttätigkeit für schwedische Unternehmen kam ich durch die Kölner Messen immer wieder in meine Geburtsstadt, wo ich den Dom oft besuchte. Zur Kontemplation gab es leider immer weniger Gelegenheit, weil der Dom immer voller mit lärmenden Touris wurde.

Das tat dem Expat-Kölner in mir zwar leid, aber mein altes Kölsch wurde bei diesen Besuchen und allen Kontakten mit Kölnern wieder zum Leben erweckt.

Ich lernte von Geschäftsfreunden, dass Düsseldorfer Alt eigentlich einen Tick besser schmeckt als Kölsch, was aber an meinem inneren Kölner nichts änderte. Beim Früh, „enem halve Hahn oder Kölsche Kaviar un nem Stängelsche Kölsch“ bin ich jedesmal wieder bei meinen Wurzeln. Nunja, Adel vom Rhein. Nach meiner Pensionierung zog es mich nicht nach Köln, sondern nach Berlin, weil der Bär da tanzt.

Aber der Kontakt mit Köln ist hier dennoch grösser als in Stockholm. Hier kann man die neuen Kölner Gesangsgruppen schon mal im Original in einer Kneipe hören. Sie sind ohne Zweifel eine Bereicherung gegenüber den Orchestern der Jahre bis 1970. 
Wohl um für eine grössere Hörerschaft verständlicher zu sein und den Umsatz zu steigern singen sie mehr und mehr ein Kölsch mit Knubbelen, hochdeutschen Knubbelen, so ähnlich wie das Missingsch.

Sie bezeichnen sich bestimmt als Kölner, auch wenn sie die alte Sprache nicht mehr können. 

Am Ende wird es so wie in Frankreich sein: Franzose ist jeder, der sich als Franzose fühlt = Kölner ist jeder, der sich als Kölner fühlt.

Kölle Alaaf !

Uns interessieren auch eure Gedanken dazu. Wir freuen uns, wenn ihr uns eure Antworten auf die Fragen per E-Mail zuschickt.

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3 Kommentare

  • H.G.Hüsch

    Köstlich!

  • Monika Schumacher

    Ich stelle nach wie vor fest für euch existiert Köln nur auf der linken Seite. Was ist Köln den op d´r schäl Sick. Ich verfolge eure Artikel schon eine ganze Weile, aber Köln die „Schäl Sigg“ gibt es bei euch wahrscheinlich nicht. Wäre schön wenn ihr euch auch mal darum kümmert. Die Schäl Sigg ist nämlich auch schön und hat auch einiges zu bieten. Danke fürs zuhören.
    Et ahl Mönchen us Merheim

    • Verliebt in Köln

      Hallo Monika, wir werden uns künftig bemühen, auch deinem Anspruch gerecht zu werden 🙂 Gibt es Wünsche von dir, worüber wir mal schreiben sollen? 🙂

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